Täter & Täterinnen
Biografien

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Junger Mann im Anzug © ÖStA
Anton Ullmann © ÖStA

Anton Ullmann

SS-Hauptscharführer

geb. 7. Februar 1907, Baden
verst. 14. März 1992, Salzburg


Anton Ullmann wird in Baden geboren. Seine ledige Mutter arbeitet als Hausgehilfin. Ullmann wächst bei den Großeltern in Frankstadt bei Mährisch Schönberg (heute: Nový Malín bei Šumperk) auf, wo er die Volks- und Bürgerschule besucht. Nach deren Abschluss kehrt er nach Baden zurück, um hier eine dreijährige kaufmännische Fortbildungsschule zu absolvieren. 1924 tritt der 17-Jährige als Handelsangestellter ins Berufsleben.

 

Ullmann rückt 1928 als Freiwilliger beim Bundesheer ein, wo er die Ausbildung zum Telegrafisten macht. Er wird 1931 Mitglied der NSDAP. In der Kaserne Wiener Neustadt dient er als Zellenleiter und Blockkassier, was 1933 zu seiner Entlassung führt. Danach findet er eine Stelle als Hilfsarbeiter in der Seiser-Mühle in Markt Piesting nahe Wöllersdorf. Ullmann ist Mitbegründer der örtlichen SA und bringt es in der Verbotszeit bis zum Sturmführer, wobei seine politische Tätigkeit 1934 eine mehrwöchige Haftstrafe zur Folge hat. In Piesting lernt er auch seine spätere Frau kennen. Franziska, genannt Franzi, Kindermann ist Parteigenossin seit 1932 und BDM-Führerin des Gebiets »Hohe Wand«.

 

Nachdem seine Mutter 1935 stirbt, erbt Ullmann einen Geldbetrag, der ihm den Schritt in die Selbstständigkeit ermöglicht. Im Jänner 1938 erwirbt er ein Milchgeschäft am Urban-Loritz-Platz und bezieht mit seiner Freundin ein Untermietzimmer. Das Paar heiratet im April 1938, gleich nach dem »Anschluss«. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verbessern sich Ullmanns berufliche Möglichkeiten schlagartig. Als »Alter Kämpfer« bewirbt er sich – unter Hinweis darauf, dass sein Geschäft nicht einträglich und seine Frau schwanger sei – um eine Stelle im öffentlichen Dienst und wird zur Reichsbahn vermittelt. 1939 gelingt ihm der Wechsel zum SD-Oberabschnitt Donau und der Eintritt in die Zentralstelle für jüdische Auswanderung. Dank des neuen Postens übersiedeln Ullmanns Mitte 1939 in eine Gemeindewohnung am Wiedner Gürtel. Dort wird 1940 ein zweites Kind geboren.

 

In der Zentralstelle steht Ullmann der Bemessungsabteilung vor. In dieser Funktion nimmt er auch an »Kommissionierungen« teil. Ein Zeuge wird später berichten, Ullmann habe ihm 1942 im Sammellager Malzgasse alles, was er besaß, abgenommen, inklusive Geld und Papiere. Von der Zentralstelle in Wien wechselt Ullmann zum RSHA in Berlin, wo er dem Referat IV B 4 in der Kurfürstenstraße angehört. Laut eigenen Angaben erledigt er dort Botengänge und Einkäufe und versieht Vorzimmerdienst bei SS-Obersturmbannführer Friedrich Suhr; aushilfsweise will er im Wach- und Telefondienst eingesetzt gewesen sein. Sein letzter Dienstposten ist in der Zentralstelle in Prag.

 

Ullmann lebt spätestens ab den 1960er-Jahren, nunmehr geschieden, als Handelsvertreter im Bezirk Zell am See. 1970 zu seiner Dienstzeit befragt, beschreibt er die Prinz-Eugen-Straße als reine Auswanderungsstelle: Jüdinnen und Juden wären damals keinen ihm bekannten Beschränkungen unterlegen, gibt Ullmann zu Protokoll. Der SD-Mann macht sich auch später wenig Gedanken über das Schicksal Deportierter: Unter Theresienstadt habe er sich ein »Ghetto mit Kaffeehäusern« vorgestellt. Den Gerüchten über die Tötung von Jüdinnen und Juden habe er keinen Glauben geschenkt. Unter den Wiener Kameraden in Eichmanns Stab, so Ullmann, hätte man über derart Unvorstellbares »nur gelacht«.

Anton Ullmann wird in Baden geboren. Seine ledige Mutter arbeitet als Hausgehilfin.[1] Sein Vater, der ebenfalls als Hausgehilfe beschäftigt ist, anerkennt zwar die Vaterschaft,[2] kümmert sich aber nicht um das Kind. Ullmann wächst bei den Großeltern in Frankstadt bei Mährisch Schönberg (heute: Nový Malín bei Šumperk) auf, wo er die Volks- und Bürgerschule besucht. Nach deren Abschluss kehrt er nach Baden zurück, um eine dreijährige kaufmännische Fortbildungsschule zu absolvieren. 1924 tritt der 17-Jährige als Handelsangestellter ins Berufsleben.[3]


Ullmann rückt 1928 als Freiwilliger beim Bundesheer ein, wo er die Ausbildung zum Telegrafisten macht. Er wird 1931 Mitglied der NSDAP. In der Kaserne Wiener Neustadt dient er als Zellenleiter und Blockkassier, was 1933 zu seiner Entlassung führt.[4] Danach findet er eine Stelle als Hilfsarbeiter in der Seiser-Mühle in Markt Piesting nahe Wöllersdorf. Ullmann ist Mitbegründer der örtlichen SA und bringt es in der Verbotszeit bis zum Sturmführer, wobei seine politische Tätigkeit 1934 eine mehrwöchige Haftstrafe zur Folge hat.[5] In Piesting lernt er auch seine spätere Frau kennen. Franziska, genannt Franzi, Kindermann[6] ist seit 1932 Parteigenossin und BDM-Führerin des Gebiets Hohe Wand.[7]


Nachdem seine Mutter 1935 stirbt, erbt Ullmann einen Geldbetrag, der ihm den Schritt in die Selbstständigkeit ermöglicht. Im Jänner 1938 erwirbt er ein Milchgeschäft am Urban-Loritz-Platz und bezieht mit seiner Freundin ein Untermietzimmer am Neubaugürtel. Das Paar heiratet im April 1938, gleich nach dem „Anschluss“. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verbessern sich Ullmanns berufliche Möglichkeiten schlagartig. Als „Alter Kämpfer“ bewirbt er sich – unter Hinweis darauf, dass sein Geschäft nicht einträglich und seine Frau schwanger sei – um eine Stelle im öffentlichen Dienst[8] und wird zur Reichsbahn vermittelt.[9] 1939 gelingt ihm der Wechsel zum SD-Oberabschnitt Donau und der Eintritt in die Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien. Dank des neuen Postens übersiedeln Ullmanns Mitte 1939 in eine Gemeindewohnung am Wiedner Gürtel. Dort wird 1940 ein zweites Kind geboren.


In der Zentralstelle steht Ullmann der Bemessungsabteilung vor.[10] In dieser Funktion nimmt er auch an „Kommissionierungen“ teil. Ein Zeuge wird später berichten, Ullmann habe ihm 1942 im Sammellager Malzgasse alles, was er besaß, abgenommen, inklusive Geld und Papiere.[11] Von der Zentralstelle in Wien wechselt Ullmann zum RSHA in Berlin, wo er dem Referat IV B 4 in der Kurfürstenstraße angehört. Laut eigenen Angaben erledigt er dort Botengänge und Einkäufe und versieht Vorzimmerdienst bei SS-Obersturmbannführer Friedrich Suhr; aushilfsweise will er im Wach- und Telefondienst eingesetzt gewesen sein.[12] Sein letzter Dienstposten ist in der Zentralstelle in Prag.[13]


Ullmann lebt spätestens ab den 1960er-Jahren, nunmehr geschieden, als Handelsvertreter im Bezirk Zell am See. 1970 zu seiner Dienstzeit befragt, beschreibt er die Prinz-Eugen-Straße als reine Auswanderungsstelle: Jüdinnen und Juden wären damals keinen ihm bekannten Beschränkungen unterlegen, gibt Ullmann zu Protokoll.[14] Der SD-Mann macht sich auch später wenig Gedanken über das Schicksal Deportierter: Unter Theresienstadt habe er sich ein „Ghetto mit Kaffeehäusern“ vorgestellt.[15] Den Gerüchten über die Tötung von Jüdinnen und Juden habe er keinen Glauben geschenkt. Unter den Wiener Kameraden in Eichmanns Stab, so Ullmann, hätte man über derart Unvorstellbares „nur gelacht“.

[1] Pfarre r. k. Baden St. Stephan, Taufbuch, Bd. 25, fol. 268. Mutter: Anna Christina Ullmann.

[2] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/211308. Kleine SS-Ahnentafel. Vater: Mathias Stiegler.

[3] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 303.127. Fragebogen NS-Betreuungsstelle.

[4] Ebd. Lebenslauf.

[5] Ebd. Lebenslauf.

[6] Franziska Ullmann, geb. Kindermann, 26.1.1915, Radlberg bei St. Pölten, verst. 28.11.2007, Innsbruck.

[7] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 303.127. Lebenslauf.

[8] Ebd. Franziska Ullmann an Gauleitung Niederdonau, 25.6.1938.

[9] Ebd. Arbeitsamt für Angestellte, 26.7.1938.

[10] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 3967/61, Bd. 1, fol. 29. Niederschrift Gertraud Plattensteiner, 25.10.1946.

[11] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 4574/45, fol. 35. Zeugeneinvernahme Oskar Löwy, 6.9.1945.

[12] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 8953/66, Teil 1, Bd. II, fol. 225–233. Niederschrift Anton Ullmann, 12.9.1967.

[13] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 3967/61, Bd. 2, fol. 315–347. Zeugenvernehmung Gerhard Günnel, 25./26.5.1961. Vgl. Jan Björn Pottharst, Das jüdische Zentralmuseum der SS in Prag, Frankfurt am Main 2002, 87.

[14] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 8953/66, Teil 3, fol. 61–63. Zeugenvernehmung Anton Ullmann, 20.5.1970.

[15] Ebd.