Täter & Täterinnen
Biografien

Täter & Täterinnen
Biografien

Frau mit kurzen braunen Locken, Halbprofil, dunkles Sakko mit weißem Hemdkragen © Österreichisches Staatsarchiv
Cäcillia Lentschig © Österreichisches Staatsarchiv

Cäcilia Lentschig

geb. 22. Jänner 1895, Wien
verst. 29. Dezember 1986[1]


Cäcilia Lentschig, genannt Cilli, wird in Wien als ältestes von fünf Kindern geboren. Die Mutter kommt aus Drosendorf im Waldviertel und arbeitet als Köchin in Wien. Ihr Vater, der aus Mährisch-Schlesien stammt, ist Sicherheitswachmann bei der Polizei. Nach der Bürgerschule besucht Cäcilia Lentschig eine zweijährige Handelsschule in Wien. Sie legt die Ersatzmatura ab und studiert zwei Semester Staatsverrechnungswissenschaften an der Universität Wien. Dem Vorbild des Vaters folgend, tritt sie 1914, im Alter von 19 Jahren, in den Polizeidienst ein.

 

Lentschig ist anfangs im Zentralmeldeamt beschäftigt. Sie wechselt bald in das Polizeikommissariat Mariahilf, wo sie fünfzehn Jahre bleibt. 1929 wird sie in den Verwaltungsdienst übernommen und als selbstständige Referentin in der Abteilung Rechtshilfe, Pass- und Wahlkataster eingesetzt. 1931 übernimmt sie eine eigene Abteilung im Wahlkatasteramt; 1936 wechselt sie als Sachbearbeiterin in das Zentralmeldeamt, wo sie in die Leitung aufsteigt. Darüber hinaus dient sie hier ab Herbst 1932 als Leiterin der NS-Betriebszellenorganisation; im folgenden Jahr erfolgt ihre Aufnahme in die NSDAP.

 

Mit dem »Anschluss« wechselt Lentschig 1938 zur Gestapo-Leitstelle Wien am Morzinplatz. Hier arbeitet sie in jener Abteilung, die die Entziehung sogenannten jüdischen Vermögens abwickelt. Zudem ist Lentschig für die Depositenverwahrung jüdischer Häftlinge zuständig. 1940 ist Lentschig in der Polizeidirektion Wien eingesetzt. Als Behördenvertreterin des Zentralmeldeamts wird sie an die Zentralstelle für jüdische Auswanderung abgeordnet und ist hier für die Besorgung polizeilicher Führungszeugnisse verantwortlich.

 

Lentschig gilt als geradezu fanatische Nationalsozialistin. Dafür spricht neben ihrer niedrigen Parteinummer auch ihre Mitgliedschaft in einer Vielzahl von NS-Organisationen wie etwa dem Kameradschaftsbund Deutscher Polizeibeamter, dem Reichsbund der Deutschen Beamten und dem Volksbund für das Deutschtum im Ausland.

 

Unmittelbar nach Kriegsende schleust sich Lentschig bei der Volkssolidarität ein, die als zentrale Hilfsorganisation Fürsorgeleistungen für politische NS-Verfolgte koordiniert. Sie wird als freiwillige Helferin zur Einkleidung von KZ-Überlebenden eingeteilt, jedoch im Herbst 1945 verhaftet. 1946 erhebt das Volksgericht Anklage wegen Paragraph 7 (Denunziation) des Kriegsverbrechergesetzes, das Verfahren wird jedoch eingestellt. Ihr Bruder Josef Lentschig wird 1947 vom Volksgericht wegen Illegalität verurteilt.

 

Cäcilia Lentschig kehrt als Polizei-Oberrevidentin in das Zentralmeldeamt zurück und geht spätestens 1950 in Pension. Lentschig, die unverheiratet bleibt, wohnt zeitlebens mit ihrer jüngeren Schwester und deren Sohn im gemeinsamen Haushalt in Wien-Neubau, bevor sie 1971 nach Drosendorf zieht.

Cäcilia Lentschig, genannt Cilli, wird in Wien als ältestes von fünf Kindern geboren.[2] Die Eltern heiraten 1900.[3] Die Mutter kommt aus Drosendorf im Waldviertel und arbeitet als Köchin in Wien. Ihr Vater, der aus Mährisch-Schlesien stammt, ist Sicherheitswachmann bei der Polizei und geht schließ- lich als Rayonsinspektor in Pension.[4] Nach der Bürgerschule besucht Cäcilia Lentschig eine zweijährige Handelsschule in Wien. Sie legt die Ersatzmatura ab und studiert zwei Semester Staatsverrechnungswissenschaften an der Universität Wien. Dem Vorbild des Vaters folgend, tritt sie 1914, im Alter von 19 Jahren, in den Polizeidienst ein.[5]


Lentschig ist anfangs im Zentralmeldeamt beschäftigt. Sie wechselt bald in das Polizeikommissariat Mariahilf, wo sie fünfzehn Jahre bleibt. 1929 wird sie in den Verwaltungsdienst übernommen und als selbstständige Referentin in der Abteilung Rechtshilfe, Pass- und Wahlkataster eingesetzt. 1931 übernimmt sie eine eigene Abteilung im Wahlkatasteramt; 1936 wechselt sie als Sachbearbeiterin in das Zentralmeldeamt,[6] wo sie in die Leitung aufsteigt.[7] Darüber hinaus dient sie hier ab Herbst 1932 als Leiterin der NS-Betriebszellenorganisation; im folgenden Jahr erfolgt ihre Aufnahme in die NSDAP.[8]


Mit dem „Anschluss“ wechselt Lentschig 1938 zur Gestapo-Leitstelle Wien am Morzinplatz. Hier arbeitet sie in jener Abteilung, die die Entziehung sogenannten jüdischen Vermögens abwickelt. Zudem ist Lentschig für die Depositenverwahrung jüdischer Häftlinge zuständig.[9] 1940 ist Lentschig in der Polizeidirektion Wien eingesetzt.[10] Als Behördenvertreterin des Zentralmeldeamts wird sie an die Zentralstelle für jüdische Auswanderung abgeordnet[11] und ist hier für die Besorgung polizeilicher Führungszeugnisse verantwortlich.[12]


Lentschig gilt als geradezu fanatische Nationalsozialistin. Dafür spricht neben ihrer niedrigen Parteinummer auch ihre Mitgliedschaft in einer Vielzahl von NS-Organisationen wie etwa dem Kameradschaftsbund Deutscher Polizeibeamter, dem Reichsbund der Deutschen Beamten und dem Volksbund für das Deutschtum im Ausland.[13]


Unmittelbar nach Kriegsende schleust sich Lentschig bei der Volkssolidarität ein, die als zentrale Hilfsorganisation Fürsorgeleistungen für politische NS-Verfolgte koordiniert. Sie wird als freiwillige Helferin zur Einkleidung von KZ- Überlebenden eingeteilt,[14] jedoch im Herbst 1945 verhaftet. 1946 erhebt das Volksgericht Anklage wegen Paragraph 7(Denunziation) des Kriegsverbrechergesetzes,[15] das Verfahren wird jedoch eingestellt. Ihr Bruder Josef Lentschig,[16] der sich in jungen Jahren in Drosendorf selbständig gemacht hat, wird 1947 vom Volksgericht wegen Illegalität verurteilt.[17]


Cäcilia Lentschig kehrt als Polizei-Oberrevidentin in das Zentralmeldeamt zurück und geht spätestens 1950 in Pension.[18] Lentschig, die unverheiratet bleibt, wohnt zeitlebens mit ihrer jüngeren Schwester und deren Sohn im gemeinsamen Haushalt in Wien, 7., Neubau, bevor sie 1971ebenfalls nach Drosendorf zieht.[19]

[1] Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Mitteilung, Juni 2024.

[2] Pfarre r. k. Alservorstadtkrankenhaus, Bd. 151, fol. 76. Eltern: Josef Lentschig, Maria Linsbauer.

[3] Pfarre r. k. Währing, Trauungsbuch, Bd. 25, fol. 16.

[4] Pfarre r. k. Drosendorf, Sterbebuch.

[5] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 4137/45. Niederschrift Cäcilie Lentschig, 31.8.1945.

[6] Ebd.

[7] Ebd. Abschlussbericht, 11.10.1945.

[8] BArch Berlin, NSDAP-Gaukartei, Sign. R 9361-IX Kartei/25501497.

[9] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 4137/45. Niederschrift Cäcilie Lentschig, 31.8.1945.

[10] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 86.916.

[11] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 2, Bd. 4, fol. 29–34. Polizeidirektion Wien, Bericht, 10.4.1961.

[12] Ebd., Teil 1, Bd. 1, Bogen 1. Vernehmung Franz Novak, 20.3.1961.

[13] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 4137/45. Niederschrift Cäcilie Lentschig, 31.8.1945.

[14] Ebd. Anzeige, 14.7.1945.

[15] Ebd. Haftverfügung, 26.11.1945.

[16] Josef Lentschig, Elektromeister, geb. 11.9.1898, Wien, verst. 12.5.1983, Wien. Pfarre r. k. Währing, Bd. 45, fol. 284.

[17] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 6101/47. ÖStA, AdR, BKA §27. ÖStA, AdR, PK 2.Rep AR, Sign. 14-2979/1951. Vgl.: Wiener Zeitung, Kundmachungen, 25.2.1948, 5.

[18] Adressbuch von Wien, 1950; 1955.

[19] WStLA, Historische Meldedaten.