Täter & Täterinnen
Biografien

Täter & Täterinnen
Biografien

Halbprofil, junger Mann mit Uniform, Hakenkreuzbinde am linken Arm, Blick zur Kamera © Deutsches Bundesarchiv
Rudolf Günther © Deutsches Bundesarchiv

Rolf Günther

SS-Sturmbannführer

geb. 8. Jänner 1913, Erfurt
verst. August 1945, Ebensee (?)


Rolf Günther ist Hans Günthers jüngerer Bruder. Nach der Volks- und Mittelschule besucht er die Städtische Oberrealschule in Erfurt, die er 1928 mit der Obersekunda-Reife verlässt. Nach zweijähriger Lehre zum kaufmännischen Angestellten in einer Lebensmittelgroßhandlung erhält er keinen fixen Posten und ist längere Zeit arbeitslos.

 

In diese Zeit fällt seine politische Radikalisierung: Günther tritt 1929, als 16-Jähriger, in die SA ein und wechselt danach zur SS. 1931, mit Vollendung des 18. Lebensjahres, wird er Mitglied der NSDAP. Er bekommt eine erste Stelle als Buchhalter beim Verkaufsverband Norddeutscher Molkereien, wo er bis Anfang 1934 beschäftigt bleibt. Von Februar 1934 bis Mitte 1935 ist er als Lageradjutant des SA-Hilfswerklagers in Erfurt eingesetzt. Dieses bietet erwerbslosen SA-Männern Unterkunft und Berufsausbildung und unterzieht sie der ideologischen und körperlichen Schulung. Danach ist Günther kurzzeitig im Arbeitsamt Erfurt beschäftigt, bevor er, wie sein Bruder Hans, Anfang September 1935 als Kriminalassistentenanwärter in den Dienst der Gestapo Erfurt eintritt.

 

Im Juli 1938 wird Günther in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien als Referent aufgenommen und ist an deren Aufbau maßgeblich beteiligt. Der als absolut verlässlich geltende Mann wird 1941 in das RSHA in Berlin versetzt, wo er ungeachtet seiner Jugend als Eichmanns Stellvertreter fungiert. Er wird als forsch und kurz angebunden beschrieben und als eiskalter Bürokrat, der bei der »Endlösung der Judenfrage« keinerlei Konzession duldet: Die Deportationen gingen ihm immer zu langsam, wird es später heißen.

 

1942 besucht Rolf Günther das KZ Belzec, wo der Einsatz und die Effizienz des Giftes Zyklon B getestet werden; im Herbst desselben Jahres ist er Teilnehmer einer der Folgekonferenzen der Wannseekonferenz im RSHA. Ab 1943 ist er mit Brunner I für die Deportation griechischer Jüdinnen und Juden in das KZ Auschwitz verantwortlich. Danach kehrt Günther nach Wien zurück, wo er den Posten des Inspekteurs der SIPO und des SD in Wien bekleidet. 1944 wechselt er zu seinem Bruder in die Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Prag.

 

Günther wird zu Kriegsende von den Amerikanern festgenommen. Angeblich verübt er im Sommer 1945 im US-Kriegsgefangenenlager Ebensee Selbstmord durch Gift.

Rolf Günther ist Hans Günthers jüngerer Bruder. Nach der Volks- und Mittelschule besucht er die Städtische Oberrealschule in Erfurt, die er 1928 mit der Obersekunda-Reife verlässt. Nach zweijähriger Lehre zum kaufmännischen Angestellten in einer Lebensmittelgroßhandlung erhält er keinen fixen Posten und ist längere Zeit arbeitslos.[1]


In diese Zeit fällt seine politische Radikalisierung: Günther tritt 1929, als 16-Jähriger, in die SA ein und wechselt danach zur SS. 1931, mit Vollendung des 18. Lebensjahres, wird er Mitglied der NSDAP.[2] Er bekommt eine erste Stelle als Buchhalter beim Verkaufsverband Norddeutscher Molkereien, wo er bis Anfang 1934 beschäftigt bleibt.[3] Von Februar 1934 bis Mitte 1935 ist er als Lageradjutant des SA-Hilfswerklagers in Erfurt eingesetzt. Dieses bietet erwerbslosen SA-Männern Unterkunft und Berufsausbildung und unterzieht sie der ideologischen und körperlichen Schulung.[4] Danach ist Günther kurzzeitig im Arbeitsamt Erfurt beschäftigt, bevor er, wie sein Bruder Hans, Anfang September 1935 als Kriminalassistentenanwärter in den Dienst der Gestapo Erfurt eintritt.[5]


Im Juli 1938 wird Günther in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien als Referent aufgenommen und ist an deren Aufbau maßgeblich beteiligt. Der als absolut verlässlich geltende Mann wird 1941 in das RSHA in Berlin versetzt, wo er ungeachtet seiner Jugend als Eichmanns Stellvertreter fungiert. Er wird als forsch und kurz angebunden beschrieben[6] und als eiskalter Bürokrat, der bei der „Endlösung der Judenfrage“ keinerlei Konzession duldet: Die Deportationen gingen ihm immer zu langsam, wird es später heißen.[7]


1942 besucht Rolf Günther das KZ Belzec, wo der Einsatz und die Effizienz des Giftes Zyklon B getestet werden; im Herbst desselben Jahres ist er Teilnehmer einer der Folgekonferenzen der Wannseekonferenz im RSHA. Ab 1943  ist er mit Brunner I für die Deportation griechischer Jüdinnen und Juden in das KZ Auschwitz verantwortlich. Danach kehrt Günther nach Wien zurück, wo er den Posten des Inspekteurs der SIPO und des SD in Wien bekleidet. 1944 wechselt er zu seinem Bruder in die Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Prag. Zu Rolf Günthers vielfachen Auszeichnungen gehören 1940 die Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze und Silber[8] sowie das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse ohne Schwerter (1942) und mit Schwertern (1944).[9]


Günther wird zu Kriegsende von den Amerikanern festgenommen. Angeblich verübt er im Sommer 1945 im US-Kriegsgefangenenlager Ebensee Selbstmord durch Gift.[10]

[1] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527937, fol. 126–127. Fragebogen.

[2] BArch Berlin, Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Sign. NS 22/1589. Parteistatistische Erhebung.

[3] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527937, fol. 128–129. Lebenslauf.

[4] Organisationsbuch der NSDAP, 3. Auflage, 1937, 364b.

[5] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527937, fol. 128–129. Lebenslauf.

[6] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 1, Bd. 1, Bogen 1, fol. 55aa–55ss. Aufzeichnung Franz Novak, 5.4.1961.

[7] Staatsanwaltschaft Wien, Zl. 15 St 109560/99, Teil 8, fol. 131–162. Protokoll der Aussage Dieter Wisliceny, 2.12.1946.

[8] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/527937, fol. 148. Meldung.

[9] Ebd., fol. 132. Verleihungsurkunde, 10.10.1944. Ebd., fol. 141. Meldung, 5.6.1942.

[10] LAB, B Rep. 057-01, Nr. 1172, fol. 14–18. Zeugenaussage Dr. Heinz Höhner, 13.12.1961.