geb. 2. April 1907, Klosterneuburg
hing. 30. April 1947, Litoměřice
Karl Rahm wächst in einer sozialdemokratischen Familie auf. Sein Vater ist Eisenbahnschaffner. Er ist eines von vier Kindern, wobei seine ältere Schwester 18-jährig tödlich verunglückt. Die ersten Jahre verbringt er in Kritzendorf, später in Klosterneuburg, am Stadtrand von Wien. Rahm absolviert nach der Pflichtschule eine zweijährige gewerbliche Fortbildungsschule. 1924 schließt er die Lehre zum Maschinenschlosser als Geselle ab und bleibt die folgenden drei Jahre in seinem Lehrbetrieb. Nachdem er 1927 arbeitslos wird, tritt er in das österreichische Bundesheer ein, wo er sechs Jahre als Pionier dient. 1933 wird Rahm, der Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und des Schutzbundes und gewerkschaftlich organisiert ist, als »politisch unzuverlässig« entlassen.
Nach den Februarkämpfen 1934 wechselt Rahm die Seiten und tritt der damals illegalen NSDAP und SS bei. Nach längerer Arbeitslosigkeit findet er 1935 eine Anstellung als Maschinenschlosser und Kraftwagenlenker im Trofaiacher Eisen- und Stahlwerk. Hier gründet und leitet er die illegale nationalsozialistische Betriebszelle. Nach dem »Anschluss« 1938 kehrt Rahm in die Pionierkaserne in Klosterneuburg zurück, wobei er jetzt dem Verwaltungskommando angehört. Im Sommer betreibt er die Liquidierung einer Getreidefirma, die sich in jüdischem Besitz befindet. Im Oktober 1938 macht er die Besetzung des Sudetenlandes mit.
Ende Dezember 1938 bewirbt sich Rahm um Aufnahme in den Vollzugsdienst der Sicherheitspolizei, kommt aber stattdessen zur Zentralstelle für jüdische Auswanderung. Dort arbeitet er in der Dokumentenannahme. Für militärische Einsätze wird er jedoch weiterhin freigestellt: Anlässlich des Einmarsches in die Tschechoslowakei im März 1939 wird Rahm nach Preßburg/Bratislava kommandiert, im Sommer 1939 an die polnische Grenze, wo sich die Wehrmacht in Vorbereitung des Überfalls auf Polen positioniert.
In seiner Dienststelle steht Rahm unter Druck, sich zu beweisen. Die Karriere des einen Bruders ist geradezu mustergültig: Dr. Stefan Rahm hat es zum ersten Akademiker seiner Familie gebracht. Der ehemalige Österreichische Legionär ist Oberarzt in der Waffen-SS, bevor er 1941 mit 27 Jahren in der Schlacht um Moskau fällt. Der andere Bruder aber erweist sich als Belastung. Franz Rahm und dessen Frau Elisabeth sind im kommunistischen Widerstand aktiv. Sie werden Ende 1939 von der Gestapo verhaftet und schließlich wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt.
Im Mai 1940 verheiratet Rahm sich mit Anna Bauer. Seine Braut ist Verkäuferin und stammt ebenfalls aus sozialdemokratischem Elternhaus. Das Brautpaar bezieht eine »arisierte« Wohnung in Wien 18., Semperstraße 58, übersiedelt jedoch bald nach Prag. Ab Herbst 1940 ist Rahm in der dortigen Zentralstelle tätig und avanciert zu deren stellvertretendem Leiter. 1941 wird eine erste Tochter geboren, 1943 eine zweite, im SS-Lazarett in Prag. Ab Februar 1944 dient Rahm als letzter SS-Kommandant des KZ Theresienstadt. Unter seiner Leitung werden mehr als 25.000 Personen in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.
Zu Kriegsende flüchtet Rahm nach Steyr und findet dort Arbeit als Installateur. Er wird im November 1945 festgenommen. Während seiner Haft im amerikanischen Internierungslager Marcus W. Orr bringt seine Frau einen Sohn zu Welt. Anfang 1947 wird Rahm an die Tschechoslowakei ausgeliefert und dort zum Tod durch den Strang verurteilt. Rahm, der sich wie so viele Parteigenossen von der Religion abgewandt hat, tritt unmittelbar vor der Vollstreckung wieder in die Kirche ein.
Karl Rahm wächst in einer sozialdemokratischen Familie auf.[1] Sein Vater ist Schaffner bei den k. k. österreichischen Staatsbahnen, den späteren Bundesbahnen. Er ist eines von vier Kindern, wobei seine ältere Schwester 18-jährig tödlich verunglückt.[2] Die ersten Jahre verbringt er in Kritzendorf, später in Klosterneuburg, am Stadtrand von Wien. Rahm absolviert nach der Pflichtschule eine zweijährige gewerbliche Fortbildungsschule. 1924 schließt er die Lehre zum Maschinenschlosser als Geselle ab und bleibt die folgenden drei Jahre in seinem Lehrbetrieb.[3] Nachdem er 1927 arbeitslos wird, tritt er in das österreichische Bundesheer ein, wo er sechs Jahre als Pionier dient.[4] 1933 wird Rahm, der Mitglied der Sozialdemokratischen Partei und des Schutzbundes und gewerkschaftlich organisiert ist, als „politisch unzuverlässig“ entlassen.
Nach den Februarkämpfen 1934 wechselt Rahm die Seiten und tritt der damals illegalen NSDAP und SS bei, Ortsgruppe Klosterneuburg.[5] Nach längerer Arbeitslosigkeit findet er 1935 eine Anstellung als Maschinenschlosser und Kraftwagenlenker im Trofaiacher Eisen- und Stahlwerk. Hier gründet und leitet er die illegale nationalsozialistische Betriebszelle.[6] Nach dem „Anschluss“ 1938 kehrt Rahm in die Pionierkaserne in Klosterneuburg zurück, wobei er jetzt dem Verwaltungskommando angehört.[7] Im Sommer betreibt er die Liquidierung einer Getreidefirma, die sich in jüdischem Besitz befindet.[8] Im Oktober 1938 macht er die Besetzung des Sudetenlandes mit.[9]
Ende Dezember 1938 bewirbt sich Rahm um Aufnahme in den Vollzugsdienst der Sicherheitspolizei,[10] kommt aber stattdessen zur Zentralstelle für jüdische Auswanderung. Dort arbeitet er in der Dokumentenannahme. Für militärische Einsätze wird er jedoch weiterhin freigestellt: Anlässlich des Einmarsches in die Tschechoslowakei im März 1939 wird Rahm nach Preßburg/Bratislava kommandiert, im Sommer 1939 an die polnische Grenze, wo sich die Wehrmacht in Vorbereitung des Überfalls auf Polen positioniert.[11]
In seiner Dienststelle steht Rahm unter Druck, sich zu beweisen. Die Karriere des einen Bruders ist geradezu mustergültig: Dr. Stefan Rahm[12] hat es zum ersten Akademiker seiner Familie gebracht. Der ehemalige Österreichische Legionär ist Oberarzt in der Waffen-SS, bevor er 1941 mit 27 Jahren in der Schlacht um Moskau fällt.[13] Der andere Bruder aber erweist sich als Belastung. Franz Rahm und dessen Frau Elisabeth sind im kommunistischen Widerstand aktiv.[14] Sie werden Ende 1939 von der Gestapo verhaftet und schließlich wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt.[15]
Im Mai 1940 verheiratet Rahm sich mit Anna Bauer.[16] Seine Braut ist Verkäuferin[17] und stammt ebenfalls aus sozialdemokratischem Elternhaus.[18] Der Schwiegervater ist gelernter Schlosser, der nach dem Ersten Weltkrieg als Straßenbahnschaffner anheuert; die aus Oberösterreich stammende Mutter ist Köchin.[19] Das Brautpaar bezieht eine „arisierte“ Wohnung in Wien, 18., Währing, Semperstraße 58.[20] Bald jedoch übersiedelt das Paar nach Prag. Ab Herbst 1940 ist Rahm in der dortigen Zentralstelle tätig und avanciert zu deren stellvertretendem Leiter.[21] 1941 wird eine erste Tochter geboren, 1943 eine zweite, im SS-Lazarett in Prag. Ab Februar 1944 dient Rahm als letzter SS-Kommandant des KZ Theresienstadt. Unter seiner Leitung werden mehr als 25.000 Personen in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.[22]
Zu Kriegsende flüchtet Rahm nach Steyr, nahe dem Geburtsort seiner Frau, und findet dort Arbeit als Installateur.[23] Er wird im November 1945 festgenommen. Während seiner Haft im amerikanischen Internierungslager Marcus W. Orr („Glasenbach“) bringt seine Frau einen Sohn zu Welt. Anfang 1947 wird Rahm an die Tschechoslowakei ausgeliefert und dort zum Tod durch den Strang verurteilt.[24] Rahm, der sich wie so viele Parteigenossen von der Religion abgewandt und als „gottgläubig“ deklariert hat, tritt unmittelbar vor der Vollstreckung wieder in die Kirche ein.
[1] Pfarre r. k. Klosterneuburg-St. Martin, Taufbuch, Bd. 17, fol. 214. Eltern: Karl Rahm, Wilhelmine geb. Soldan.
[2] Pfarre r. k. Kritzendorf, Sterbebuch, Bd. 3, fol. 129. Wilhelmine Rahm, Schneiderin, geb. 27.1.1905, Wien, verst. 5.1.1924, Kritzendorf.
[3] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 49965.
[4] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/157660. Fragebogen.
[5] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/549046.
[6] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/157660. Lebenslauf.
[7] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 49965. Rahm an Arbeitsamt, 21.6.1938.
[8] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/157660. Lebenslauf.
[9] Ebd. Fragebogen.
[10] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 49965. Kriminalpolizeileitstelle Wien an Gauleitung, 5.12.1938.
[11] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/157660. Lebenslauf.
[12] Dr. med. Stefan Rahm, geb. 25.11.1914, Kritzendorf, gefallen 5.12.1941, vor Moskau. Vgl. Todesanzeige, Völkischer Beobachter, 11.1.1942, 6.
[13] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/157660.
[14] Franz Rahm, Schneidergehilfe, geb. 23.9.1908, Kritzendorf, verst. 29.7.1995, Wien; Elisabeth Rahm, geb. Jakob, 26.3.1912, Klosterneuburg.
[15] Gestapo, Tagesrapport, Nr. 10, 21./22.12.1939. DÖW, Gestapo-Opfer (Arbeiterbewegung). Die Haftstrafen lauten auf sechs Jahre (Franz Rahm) und dreieinhalb Jahre (Elisabeth Rahm).
[16] WStLA, Standesamt Währing, Familienbuch, Zl. 476/40.
[17] Anna Rahm, geb. Bauer, 31.1.1915, Dietach/Donau, verst. 7.5.2008. Pfarre r. k. Dietach bei Steyr, Taufbuch, Sign. 106/1915, Tom. IX, fol. 56.
[18] Gabriele Anderl, Die Kommandanten des jüdischen Ghettos in Theresienstadt. Ein Werkstattbericht, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, Bd. 3, Nr. 4 (1992), 563–577.
[19] Pfarre r. k. Döbling, Trauungsbuch, Bd. 13, fol. 41.
[20] WStLA, Historische Meldedaten.
[21] Jüdisches Museum Prag, Archiv, Inv. 342h. Aufzeichnung Verhör Karl Rahm, Prag, 4.4.1947.
[22] WStLA, Volksgericht, A1, Vg Vr-Strafakten, Zl. 748/55, Bd. II, fol. 173. Österreichische Gesandtschaft Prag an BMfAA, 8.6.1961.
[23] Anderl, Kommandanten.
[24] SOAL, Mimořádný lidový soud, Zl. Lsp 441/47