Täter & Täterinnen
Biografien

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Frontalaufnahme eines Mannes mit Uniform © WStLA
Franz Novak © WStLA
Mann mit Uniform, Halbprofil nach rechts, blickt geradeaus. © VWI
Franz Novak © VWI
Mann mit Uniform und SS-Mütze halbprofil nach links, blickt rechts an Betrachter:in vorbei © VWI
Franz Novak © VWI

Franz Novak

SS-Hauptsturmführer

geb. 10. Jänner 1913, Wolfsberg
verst. 21. Oktober 1983, Langenzersdorf[1]


Franz Novak wird in Wolfsberg im Lavanttal als jüngerer von zwei Brüdern geboren. Sein Vater, der als Zugführer bei den k. k. Staatsbahnen arbeitet, stirbt 1919. Seine Mutter heiratet um 1928 einen entfernten Verwandten des Vaters, mit dem sie zwei weitere Söhne hat. Novak besucht in Wolfsberg die Volks- und Bürgerschule und tritt 15-jährig in eine Lehre zum Schriftsetzer ein.

 

Novak schließt sich 1929 der HJ an und bald darauf der SA. 1933 erfolgt sein Eintritt in die NSDAP. Er ist vorerst in der Kreisleitung tätig und avanciert 1934 zum Ortsgruppenleiter der illegalen Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO). Novak nimmt 1934 in seiner Heimatgemeinde am Juli-Putsch teil. Er flüchtet daraufhin über Jugoslawien nach Deutschland, wo er sich der Österreichischen Legion anschließt. Er absolviert die SA-Führerschule sowie die Fliegerausbildung bei der Luftwaffe in Stade, was letztlich zu seiner Ausbürgerung aus Österreich führt.

 

Kurz nach dem »Anschluss« wird Novak mit der Legion nach Wien kommandiert. Nach Propagandahilfsdiensten im Vorfeld der Volksabstimmung wird Novak bald hauptamtlich beim SD aufgenommen und von diesem der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien zugeteilt. Er arbeitet, nunmehr als SS-Mann, in der Abteilung »Dokumentenannahme« und wohnt in der Dienststelle.

 

Novak arbeitet sich rasch empor. 1939 begleitet er Adolf Eichmann zunächst nach Prag, wo er ebenfalls in der Dokumentenannahme beschäftigt ist. Ende 1940 wechselt er, wieder mit Eichmann, in das RSHA in Berlin. Hier arbeitet Novak, inzwischen im Rang eines SS-Untersturmführers, als Adjutant von Rolf Günther. In dieser Schlüsselposition ist Novak für die Abwicklung der Transporte in die Vernichtungslager zuständig. Die Übersiedlung in die Reichshauptstadt bringt auch privates Glück: 1941 heiratet er Käte Spottke. Die gebürtige Berlinerin ist Sekretärin in der Reichstheaterkammer; ihre Freizeit verbringt sie als Jungmädelschaftsführerin im BDM. Ein Sohn wird 1943 geboren.

 

1944 beruft man Novak nach Budapest, wo Eichmanns verlässlichste Männer die Deportation von fast einer halben Million ungarischer Jüdinnen und Juden binnen weniger Wochen organisieren. Zu Kriegsende setzt er sich Novak mit Eichmann nach Altaussee ab. Von dort schlägt er sich mit Alfred Slawik und Richard Hartenberger nach Hermading in Oberösterreich durch, wo Novak bis 1947 bei einem Bauern als Knecht unterkommt. Danach arbeitet er unter falschem Namen (Ewald Tragbauer) bei verschiedenen Wiener Druckereien, anfangs als Setzer, zuletzt als Betriebsleiter, und übersiedelt 1950 mit Frau und Kind nach Langenzersdorf. Angesichts der NS-Amnestie fühlt sich Novak 1957 offenbar sicher genug, den Widerruf seiner Ausbürgerung zu beantragen und seine richtige Identität wieder anzunehmen, was 1961 – ausgelöst durch den Eichmann-Prozess – zu seiner Verhaftung führt.

 

Vor Gericht streitet Novak ab, über die Vorgänge in den Vernichtungslagern informiert gewesen zu sein: Er habe ausschließlich Fahrpläne für die Deportationszüge zusammengestellt und von der Absicht des Massenmords nichts gewusst. Novak geht so weit zu behaupten, Auschwitz sei für ihn »nur ein Bahnhof« gewesen. 1964 lautet das Urteil auf acht Jahre; es muss aufgrund eines Formfehlers aber aufgehoben werden. Erst 1972 geht das Urteil zu sieben Jahren Haft in Rechtskraft über. Die Reststrafe muss Novak jedoch nicht absitzen, da er von Bundespräsident Rudolf Kirchschläger amnestiert wird.

 

Bis zu seiner Pensionierung ist Novak in einer Druckerei in seiner Heimatgemeinde beschäftigt. Sein Arbeitgeber ist ein alter Kamerad aus der Österreichischen Legion.

Franz Novak wird in Wolfsberg im Lavanttal als jüngerer von zwei Brüdern geboren.[2] Sein Vater, der als Zugführer bei den k. k. Staatsbahnen arbeitet, stirbt 1919. Seine Mutter heiratet um 1928 einen entfernten Verwandten des Vaters, mit dem sie zwei weitere Söhne hat. Novak besucht in Wolfsberg die Volks- und Bürgerschule und tritt 15-jährig in eine Lehre zum Schriftsetzer ein.[3]


Novak schließt sich 1929 der HJ an und bald darauf der SA. 1933 erfolgt sein Eintritt in die NSDAP.[4] Er ist vorerst in der Kreisleitung tätig und avanciert 1934 zum Ortsgruppenleiter der illegalen Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO). Novak nimmt 1934 in seiner Heimatgemeinde am Juli-Putsch teil. Er flüchtet daraufhin über Jugoslawien nach Deutschland, wo er sich der Österreichischen Legion anschließt.[5] Er absolviert die SA-Führerschule sowie die Fliegerausbildung bei der Luftwaffe in Stade,[6] was letztlich zu seiner Ausbürgerung aus Österreich führt.[7]


Wenige Tage nach dem „Anschluss“ wird Novak mit der Legion nach Wien kommandiert. Als Lediger ist er vorerst in der Steinbauerschule in Wien, 12., Meidling kaserniert. Nach Propagandahilfsdiensten im Vorfeld der Volksabstimmung wird Novak bald hauptamtlich beim SD aufgenommen und von diesem der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien zugeteilt.[8] Er arbeitet, nunmehr als SS-Mann, in der Abteilung „Dokumentenannahme“ und wohnt in der Dienststelle.[9]


Novak arbeitet sich rasch empor. 1939 begleitet er Adolf Eichmann zunächst nach Prag, wo er ebenfalls in der Dokumentenannahme beschäftigt ist. Ende 1940 wechselt er, wieder mit Eichmann, in das RSHA in Berlin.[10] Hier arbeitet Novak, inzwischen im Rang eines SS-Untersturmführers, als Adjutant von Rolf Günther. In dieser Schlüsselposition ist Novak für die Abwicklung der Transporte in die Vernichtungslager zuständig.[11] Die Übersiedlung in die Reichshauptstadt bringt auch privates Glück: 1941 heiratet er Käte Spottke.[12] Die gebürtige Berlinerin ist Sekretärin in der Reichstheaterkammer; ihre Freizeit verbringt sie als Jungmädelschaftsführerin im BDM und als ehrenamtliche Helferin beim Deutschen Roten Kreuz.[13] Ein Sohn wird 1943 geboren.


1944 beruft man Novak nach Budapest, wo Eichmanns verlässlichste Männer die Deportation von fast einer halben Million ungarischer Jüdinnen und Juden binnen weniger Wochen organisieren.[14] Zu Kriegsende setzt sich Novak mit Eichmann nach Altaussee ab. Von dort schlägt er sich mit Alfred Slawik und Richard Hartenberger nach Hermading in Oberösterreich durch, wo Novak bis 1947 bei einem Bauern als Knecht unterkommt. Danach arbeitet er unter falschem Namen (Ewald Tragbauer) bei verschiedenen Wiener Druckereien, anfangs als Setzer, zuletzt als Betriebsleiter,[15] und übersiedelt 1950 mit Frau und Kind nach Langenzersdorf. Angesichts der NS-Amnestie fühlt sich Novak 1957 offenbar sicher genug, den Widerruf seiner Ausbürgerung zu beantragen[16] und seine richtige Identität wieder anzunehmen, was 1961 – ausgelöst durch den Eichmann-Prozess – zu seiner Verhaftung führt.[17]


Vor Gericht streitet Novak ab, über die Vorgänge in den Vernichtungslagern informiert gewesen zu sein:[18] Er habe ausschließlich Fahrpläne für die Deportationszüge zusammengestellt und von der Absicht des Massenmords nichts gewusst.[19] Novak geht so weit zu behaupten, Auschwitz sei für ihn „nur ein Bahnhof“ gewesen. 1964 lautet das Urteil auf acht Jahre; es muss aufgrund eines Formfehlers aber aufgehoben werden. Erst 1972, im vierten Rechtsgang, geht das Urteil zu sieben Jahren Haft in Rechtskraft über.[20] Die Reststrafe nach Abzug der Untersuchungshaft muss Novak jedoch nicht absitzen, da er von Bundesprä- sident Rudolf Kirchschläger amnestiert wird.[21]


Bis zu seiner Pensionierung ist Novak in einer Druckerei in seiner Heimatgemeinde beschäftigt.[22] Sein Arbeitgeber ist ein alter Kamerad aus der Österreichischen Legion,[23] der wegen Hochverrats sowie seiner einschlägigen verlegerischen Tätigkeit nach 1945 ebenfalls Haftstrafen zu verbüßen hatte.[24] Im Ruhestand kehrt Novak langfristig nach Langenzersdorf zurück, wo er 1983 verstirbt.

[1] Friedhof Langenzersdorf. www.findagrave.com (abgerufen 27.10.2022).

[2] Pfarre r. k. Wolfsberg, Geburtsbuch, Sign. W12-019-1, Bd. XVII, fol. 39. Eltern: Josef Novak, Aloisia geb. Ogrinig.

[3] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 1, Bd. 1, Bogen 1, fol. 27–30. Niederschrift Franz Novak, 20.1.1961. Ebd., fol. 47–50. Vernehmung des Beschuldigten  Franz Novak, 1.2.1961.

[4] BArch Berlin, NSDAP-Gaukartei, Sign. R 9361-IX Kartei/30870488.

[5] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/142520, fol. 1925. Lebenslauf.

[6] ÖStA, AdR, ZNSZ, Gauakt, Zl. 281.745. Personal-Fragebogen.

[7] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 1, Bd. 1, Bogen 1, fol. 47–50. Vernehmung des Beschuldigten Franz Novak, 1.2.1961.

[8] Ebd.

[9] WStLA, Historische Meldedaten.

[10] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 1, Bd. 1, Bogen 1, fol. 27–30. Niederschrift Franz Novak, 20.1.1961.

[11] Ebd., Teil 1, Bd. 1, Bogen 1, fol. 51–55. Vernehmung des Beschuldigten Franz Novak, 2.2.1961.

[12] Käte Novak, geb. Spottke, 31.8.1917, Berlin, verst. 1997.

[13] BArch Berlin, BDC: Personenbezogene Unterlagen SS und SA, Sign. R 9361-III/142520, fol. 1981, 1983. Lebenslauf.

[14] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 1, Bd. 1, Bogen 1, fol. 27–30. Niederschrift Franz Novak, 20.1.1961.

[15] Ebd., Teil 1, Bd. 1, Bogen 1, fol. 55b–55f. Vernehmung des Beschuldigten Franz Novak, 16.3.1961.

[16] Ebd., Teil 1, Bd. 1, Bogen 1, fol. 237–238. Bescheid, 11.7.1957.

[17] Ebd., Teil 1, Bd. 1, Bogen 3, fol. 438–439. LGfSS an Amtsgericht Berlin, 8.8.1961.

[18] Siehe: Eva Holpfer, Die justizielle Verfolgung der Mitarbeiter der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ nach 1945, in: Dieter J. Hecht/Michaela Raggam-Blesch/Heidemarie Uhl (Hg.), Letzte Orte: Die Wiener Sammellager und die Deportationen 1941/42 , Wien 2019, 137–149.

[19] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 1, Bd. 1, Bogen 1, fol. 55x–55y. Zeugenvernehmung Franz Novak, 21.4.1961. Ebd., fol. 55A–55B. Zeugenvernehmung, 22.9.1961.

[20] Siehe: Christian Klösch, Des Führers heimliche Vasallen: Die Putschisten des Juli 1934 im Kärntner Lavanttal, Wien 2024, 215–224.

[21] WStLA, LGfSS, A11, Vr-Strafakten, Zl. 2729/63, Teil 8, Bd. 19, fol. 115. BMI an LGfSS, 28.10.1974.

[22] Ebd., Teil 8, Bd. 19, fol. 39d. Bescheinigung, 5.2.1973.

[23] Ebd., Teil 8, Bd. 19, fol. 53–57. BMI, Bericht, 21.5.1973.

[24] Ernst Ploetz, geb. 30.5.1912, Wolfsberg, verst. 1973. Siehe z. B.: Die Mitarbeiter der „Unterkärntner Nachrichten“ verurteilt, Neues Österreich, 14.10.1948, 4; Milde Urteile in Wolfsberg, Wiener Zeitung, 14.10.1948, 3.